Vortragsreihe "Unser jüdisches Erbe"
Mittwoch, 18. März bis Montag 4. Mai 2009
Was Christ/innen von ihren älteren Geschwistern wissen sollten, eine Einführung in das Judentum anhand von Texten ostjüdischer Lieder.
So lautete die Ankündigung dieses Vortragsabends. Jüdische Lieder mag ich, der Referent Mag. Bernhard Strobl sollte gut sein, also dachte ich mir: Nix wie hin!
Erste Enttäuschung: kein CD Player! Wo wird die Musik herkommen? Dann vertrautes: unser Herr Pfarrer begrüßt mit einem herzlichen "Shalom" - gibt aber zu, dass sich damit seine Hebräisch Kenntnisse erschöpfen. Der Referent beruhigt und versichert uns, dass wir mehr hebräische Wörter kennen als wir meinen und nennt uns einige Wiener Mundartausdrücke. Tschapperl etwa für ein kleines Kind, Haberer, Zoff und Pleite, sowie Tohuwabohu, Gauner, Kies, Schmiere stehen, abzocken, Zores und Knast, Wörter die allesamt aus dem jüdischen kommen und die Ihnen sicher auch geläufig sind.
Doch dann - oh Schreck - erhalten wir einen Zettel mit drei Liedtexten, der Referent outet sich als ehemaliger Sängerknabe und studiert in kurzweiliger Manier, die den Pädagogen verrät, ein Lied nach dem anderen mit uns ein. Dazwischen erfahren wir viel über die Geschichte des Judentums in Europa und Palästina sowie die Sprach- und die Religionsströme unserer Älteren Schwesterreligion.
Der kurzweilige Abend hatte noch zwei Fortsetzungen - diesmal mit dem Leiter des Katholischen Bildungswerkes, Mag. Anton Kalkbrenner.
Wozu brauchen Christ/innen das Alte Testament? und Jesus der Jude und das Jüdische im Christentum
Die provokanten Titel der beiden Vorträge von Mag. Anton Kalkbrenner hatten viele Besucher angelockt, deren Erwartungen auf neue Einsichten nicht enttäuscht wurden.
In anschaulicher Weise, im wahrsten Sinne des Wortes, führte er vor, dass die Bibel ohne das Alte Testament ein schmales Bändchen wäre. Die Bedeutung des Alten Testamentes für die Christen liegt in der Verwurzelung unseres Glaubens in dem der Juden. Es ist derselbe Gott - der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs -, der der Gott Jesu ist. Es ist ein Gott, der die Schöpfung, sein Volk liebt, und durch dieses Volk mögen alle Völker der Erde gesegnet sein. Ein Gott der Liebe, dem das Schicksal der Menschen nicht gleichgültig ist, sondern ein treuer Gott, der "in tausend Generationen das Gute vergilt". Allerdings geben ihm die Menschen durch ihr schuldhaftes Verhalten dazu nicht immer die Gelegenheit und das Alte Terstament ist auch die Beschreibung schrecklicher Kriege und Verfehlungen.
Wesentlich ist die unterschiedliche "Leserichtung" des Alten Testaments seitens der Juden und der Christen. Für die Juden ist es das Buch des Gesetzes, der Thora, des Bundes mit Gott und der Verheißung des Kommens des Messias. Wir Christen lesen sie im Hinblick darauf, dass diese Verheißung sich in der Person Jesus erfüllt hat, z.B. die Deutung des leidenden Gottesknechtes bei Jesaja. Mag. Anton Kalkbrenner zeigte auf, wie wichtig die Kenntnis des Urtextes und der Zeitumstände ist, um das Alte Testament richtig verstehen zu können. So ist die Auserwählung Israels nicht eine ausschließliche, sondern die Erwählung kann auch anderen Völkern zuteil werden.
Jesus als Juden zu sehen ist nicht so selbstverständlich im Bewusstsein verankert. Der biblische Befund ergibt aber eindeutig, dass Jesus im nationalen und religiösen Sinn aus diesem Volk stammt.
Seine Muttersprache ist aramäisch, die Gleichnisse nimmt er aus dem Lebensumfeld seiner Zeit. In jüdischen Gebeten, z.B. im Kaddisch, sind Elemente des Vaterunsers zu finden. Er geht in die Synagoge von Nazareth z.B. liest die Thora, deutet sie aber, dass sich in ihm die Verheißung erfüllt hat. Sein Anspruch der Messias zu sein, führt ihn ans Kreuz. Er entspricht nicht der jüdischen Messiaserwartung, die eine Erlösung im innerweltlichen Bereich erhofft.
Die Auferweckung Jesu (1. Thess. 1,10) ist die zentrale Botschaft des Neuen Testaments, des christlichen Glaubens. Sie ist die volle Herrschaft Gottes, das Anbrechen seines Reiches. Der jüdische Messias bringt Freiheit, Befreiung, Frieden. In Jesus, dem Christus (dem Gesalbten) schließt das die Überwindung des Todes ein. In diese Erlösung sind auch die Sünder und die Heiden einbezogen, aber "Das Heil kommt aus den Juden" (Röm. 9-11)
In der Diskussion wurde deutlich worauf es ankommt: auf den Glauben. Für hier auf der Welt ist Glauben angesagt, Sehen ist für danach!